Was Sie über Bauträgerverträge wissen müssen
Die meisten Verträge über den Erwerb neuer (oder auch sanierter) Wohnungen in Deutschland sind Bauträgerverträge.
Leider ist der Verbraucherschutz beim Bauträgervertrag außer Kraft gesetzt, indem die Kunden („Käufer“, „Erwerber“; jedenfalls fast ausnahmslos Verbraucher) in völliger Übereinstimmung mit dem deutschen Recht ungesicherte Vorleistungen erbringen müssen.
D.h. sie zahlen hunderttausende von Euro ohne Gegenleistung im Voraus, wobei diese Vorauszahlungen nicht gesichert sind.
Diese Menschen haben bei einer Notarin oder einem Notar Bauträgerverträge abgeschlossen und müssen lernen, dass bei vertragswidrigem Verhalten und/oder Insolvenz des Bauträgers ihre Existenz bedroht oder möglicherweise bereits vernichtet ist. Und zwar unnötigerweise.
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Risiken und Haftung im Bauträgervertrag
Der Bauträgervertrag ist populär, zu Recht, denn der Bauträger verpflichtet sich, für einen Festpreis bis zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Haus oder eine Wohnung zu liefern, in der Regel schlüsselfertig, sodass die Erwerberin nur noch die Möbel hineintragen muss und dann in ihrer neuen Wohnung leben kann. Für viele „Häuslebauer“ ist er die einzig mögliche Lösung.
Der Bauträger gibt das gewaltige Versprechen ab, dass er sich um den ganzen Vorgang kümmert, von der Beschaffung des Grundstücks über die Planung bis zum letzten Pinselstrich.
Alle Probleme des Bauens sind Probleme des Bauträgers: Es kann dem Kunden egal sein, ob einzelne Handwerker schlecht arbeiten oder insolvent werden. Die gesamte Koordination des komplizierten Baugeschehens (jawohl: Bauen ist im Gegensatz zu dem, was oft geglaubt wird, eine anspruchsvolle Tätigkeit) ist Sache des Bauträgers.
Soweit, so schön:
Leider erlaubt das deutsche Recht dem Bauträger ausdrücklich, das Eigentum an dem Grundstück erst nach vollständiger, 100 %iger, Zahlung seines Kunden oder seiner Kundin auf diese zu übertragen.
Zu Deutsch: In völliger Umkehr aller Grundsätze des Verbraucherschutzes leistet nach dem deutschen Bauträgerrecht der Kunde zu 100 % vor.
Wenn z.B. ein Paar sich entscheidet, für seinen Lebenstraum, für seine eigenen 4 Wände, 500.000 EUR (so viel ist das heute nicht) aufzuwenden und sich dafür bis zum Anschlag auf Jahrzehnte hinaus zu verschulden, dann verhält es sich nach dem deutschen Recht unter Ausschaltung jeglicher AGB-Inhaltskontrolle so, dass dieses Paar nur Verträge bekommt, bei denen die 100 %ige Vorauszahlung vorgesehen ist und erst dann kommt die Gegenleistung in Gestalt der Eigentumsumschreibung.
Die einzige Sicherheit für diese Vorauszahlungen der Kunden ist eine sogenannte Auflassungsvormerkung. Diese bewirkt, dass unter bestimmten Voraussetzungen die Kunden auch tatsächlich Eigentümer werden.
Unterstellt, unser Paar hat 300.000 EUR bezahlt. Sie haben dafür noch keine Gegenleistung bekommen, weil das Grundstück immer noch dem Bauträger gehört (und wirtschaftlich vielleicht der Bank, die den Bauträger finanziert).
Jetzt bleibt der Bau stecken. Das Haus ist halb fertig, und es geht nichts mehr weiter.
Nach der Vorstellung des deutschen Gesetzgebers, der, wie bereits gesagt, die Vorauszahlungspflicht zugunsten des Bauträgers voll und ganz billigt und schützt, soll unser Paar jetzt vom Vertrag zurücktreten. Im Falle eines Rücktritts löst sich die einzige „Sicherheit“, nämlich die sogenannte Auflassungsvormerkung, rückstandsfrei in Nichts auf, ganz einfach deshalb, weil die Erwerber nicht mehr Eigentümer werden können. Wenn es das tut, ist im Falle der hier fast schon sicheren Insolvenz des Bauträgers das ganze Geld verloren. Unser Paar ist wirtschaftlich ruiniert.
Mit der richtigen Rechtsberatung kann unser Paar dieser verheerenden Konsequenz zwar entrinnen. Die Quintessenz besteht darin, am Vertrag festzuhalten und, fast paradox, die Insolvenz des Bauträgers herbeizuführen.
Dennoch bleiben unseren Protagonisten Schäden in 5- bis 6- stelliger Höhe:
Für monate – oder jahrelange Verzögerung der Fertigstellung mit Doppelbelastung (Miete plus Finanzierung), mit Mehrkosten für die Fertigstellung, mit Massekostenbeiträgen, mit Anwaltskosten….
Das übersteigt deutlich die Schäden, die jemand hat, der auf eigenem Grundstück baut, wenn der oder die Unternehmer nicht fertig stellen.
Wir unterstellen, dass unser Paar „ausfinanziert“ ist und keine weiteren Kredite bekommt, jedenfalls nicht in der Größenordnung von 50.000€ oder noch viel mehr. Der Wert der – fertigen – Immobilie darf bei der Finanzierung keine Rolle spielen, Banken dürfen nur nach Maßgabe dessen, was der Kunde zurück zahlen kann, finanzieren – eine Konsequenz der Subprime – Crisis.
Für eine ordentliche Rechtsvertretung oder gar einen Rechtsstreit hat unser Paar auch kein Geld, und die Rechtsschutzversicherungen übernehmen diese Kosten nicht, wenn nicht eine teure Spezialversicherung abgeschlossen wurde.
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Machiavelli hat sinngemäß gesagt:
Wenn man jemanden ruiniert, soll man es so tun, dass der Andere gänzlich vernichtet ist und nie wieder aufsteht.
Viele Notare schaffen es, jede richtige und für Laien verständliche Belehrung über diese Sachverhalte sorgfältig zu vermeiden und das niedrige gesetzliche Schutzniveau für Bauträgerkunden noch zu unterschreiten.
Der Staat hat dieses Zahlungsregime des Bauträgervertrages (euphemistisch als „Vormerkungslösung“ bezeichnet) zum einzig Möglichen gemacht, indem er vorsätzlich jegliche Inhaltskontrolle (=ABG – Kontrolle) dieser Klauseln abgeschafft hat, unter flagrantem Verstoß gegen EU-Recht (EU – Klauselrichtlinie 93/13/EWG).
Stichworte: Makler – und Bauträgerverordnung MaBV; Eil – Sicherungs-Verordnung; §§ 650 u und v BGB.
Und er verweist die Bauträgerkunden bei Nichterfüllung des Bauträgers auf den Rücktritt = Totalverlust der Vorauszahlungen! In der renommierten rechtswissenschaftlichen Fachzeitschrift „baurecht – Zeitschrift für das gesamte öffentliche und private Baurecht“ finden Sie hierzu „aus unserer Kanzlei“: Schmid, Deutsches Bauträgervertragsrecht und Staatshaftung (BauR 2023, 1584)
Zusammenfassung und nächste Schritte: Lassen Sie uns Ihr Anliegen gemeinsam angehen
Staat und Notare lassen die Bauträgerkäufer, zu fast 100% Verbraucher, ins offene Messer laufen und werden dafür in die Haftung genommen werden müssen. Wenn Sie sich in einer solchen Situation befinden oder rechtliche Bedenken bezüglich Ihres Bauträgervertrags haben, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Unsere erfahrenen Anwälte stehen Ihnen zur Verfügung, um Ihre Fragen zu beantworten, Ihren Fall zu bewerten und Ihnen zu helfen, die besten Schritte zur Sicherung Ihrer Rechte zu unternehmen. Ihre rechtliche Beratung beginnt hier.