Mit einer Entscheidung vom 22. 02.2018 (VII ZR 46/17) hat der BGH seine bisherige Rechtsprechung geändert: Künftig ist es nicht mehr möglich, bei vorhandenen Baumängeln Schadensersatz statt der Leistung auf Basis von fiktiven Mängelbeseitigungskosten zu verlangen. Dies gilt gleichermaßen für BGB- und VOB/B-Werkverträge (Bauverträge). Im entschiedenen Fall ging es um einen Bodenbelag aus Naturstein, der sich als mangelhaft erwies; es kam zu Rissen und zur Ablösung von Material an der Oberfläche. Der Auftraggeber ließ diesen Mangel aber gar nicht beseitigen, sondern er verlangte statt dessen Schadensersatz in Geld. In der Gesetzessprache ist dies sog. „kleiner Schadensersatz″, §§ 634 Nr.4, 280, 281 BGB. Die Höhe dieses Anspruchs bezifferte er mit den fiktiven Mängelbeseitigungskosten, also dem Betrag, der anfiele, ließe man den Mangel beseitigen – was aber eben gar nicht geschehen war.
Die bisherige Rechtsprechung ließ dies auch im Werkvertragsrecht (Bauvertragsrecht) zu. Auch bei Kaufverträgen ist es möglich, den sog. kleinen Schadensersatz der Höhe nach mit fiktiven Mängelbeseitigungskosten zu begründen (BGH vom 15.06.2012, V ZR 198/11; 29.04.2015, VIII ZR 104/14). Der BGH lehnt diese Vorgehensweise nun für das Werkvertragsrecht ab mit der Begründung, dass dadurch der Auftraggeber einen Schaden ersetzt bekomme, den er in dieser Höhe gar nicht erlitten habe; diese „Überkompensation“ sei zu vermeiden. Zum Verständnis des Zusammenhangs: Der Auftraggeber kann wie bisher anstatt von Schadensersatz entweder Kostenvorschuss für Selbstvornahme verlangen oder aber Minderung. Im ersten Fall muss aber der Mangel tatsächlich beseitigt und über die Kosten abgerechnet werden; im zweiten Fall muss der Wert der Leistung im mangelhaften Zustand in Bezug gesetzt werden zu deren Wert ohne Mängel. Der BGH lässt letzteren Begründungsweg in seiner aktuellen Entscheidung ausdrücklich auch zu für die Fälle des Schadensersatzes statt der Leistung. Der Begründungsaufwand ist in diesem Fall aber ungleich höher als nach der bisher von der Rechtsprechung zugelassenen Möglichkeit, einen fiktiven Schaden darzulegen und hierbei die fiktiven Mängelbeseitigungskosten zu beziffern, üblicherweise anhand eines Angebots eines anderen Unternehmers. Der finanzielle Unterschied zwischen diesen Varianten wird oftmals beträchtlich ausfallen, da die Kosten einer Nachbesserung oftmals weit höher liegen als der Anstieg des Werts der Leistung, wenn diese nachträglich doch noch in einen mangelfreien Zustand versetzt wurde.