Im Zusammenhang mit der im Rahmen einer betriebsbedingten Kündigung vorzunehmenden Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG hat das Bundesarbeitsgericht klargestellt, dass ein regelaltersrentenberechtigter Arbeitnehmer gegenüber Arbeitnehmern, die noch keine Altersrente beziehen können, jedenfalls hinsichtlich des Kriteriums „Lebensalter“ weniger schutzwürdig ist.
Der als juristischer Mitarbeiter beschäftigte Arbeitnehmer wandte sich mit seiner Klage gegen eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung. Unter anderem machte der Kläger geltend, die Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt, da sein Lebensalter im Rahmen der vorzunehmenden Sozialauswahl nicht hinreichend berücksichtigt worden sei.
Die Vorinstanz erachtete die Kündigung als sozialwidrig, weil der Kläger gegenüber einer vergleichbaren, jüngeren Arbeitnehmerin mit weniger Dienstjahren schutzwürdiger sei. Zwar habe die vergleichbare Arbeitnehmerin eine Unterhaltspflicht mehr. Demgegenüber müsse jedoch insbesondere das Lebensalter des Klägers „gebührend“ berücksichtigt werden wegen seiner schlechteren Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt.
Diese Auffassung teilt das Bundesarbeitsgericht nicht. Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG muss grundsätzlich demjenigen Arbeitnehmer gekündigt werden, der auf das Arbeitsverhältnis am wenigsten angewiesen ist. Arbeitnehmern, die im Kündigungszeitpunkt bereits Anspruch auf eine Altersrente haben oder eine solche sogar schon beziehen, steht dauerhaft ein Ersatzeinkommen zur Verfügung. Bei Arbeitnehmern hingegen, die noch keinen Anspruch auf eine Altersrente haben, besteht die Gefahr, dass sie durchgehend oder zumindest für größere Zeiträume beschäftigungslos bleiben. Die der Berücksichtigung des Lebensalters bei der sozialen Auswahl vom Gesetzgeber beigemessenen Zwecke gebieten es daher, einen Arbeitnehmer, der bereits Regelaltersrente beziehen kann, jedenfalls hinsichtlich dieses Auswahlkriteriums als deutlich weniger schutzbedürftig anzusehen als Arbeitnehmer, die noch keinen Anspruch auf eine Altersrente haben.
Quelle:
Bundesarbeitsgericht, Urteil v. 27.April 2017 – 2 AZR 67/16
(Vorinstanz: LAG Hamm, Urteil v. 7. August 2015 – 13 Sa 166/15)